Nicht nur in Deutschland sind PTA Mangelware

In Tansania z.B. kommen auf eine Bevölkerung von knapp 45 Mio. Menschen (2013) 1105 registrierte Apotheker, 850 „Pharmaceutical Technicians“ (pharmazeutisch-technische Assistenten) und 435 „Pharmaceutical Assistants“ (Apothekenhelfer). Was in Deutschland undenkbar ist, ist vor allem in den ländlichen Gebieten Tansanias an der Tagesordnung: nur in 30% der Gesundheitseinrichtungen war 2012 pharmazeutisches Personal beschäftigt. Für die Bevölkerung kann dies drastische Folgen haben: das ungelernte Personal kann die Qualität der Medikamente nicht überprüfen – Fälschungen bleiben so unentdeckt. Zudem fehlt die Beratung bezüglich der richtigen Einnahme und Dosierung – so bleiben Therapien wirkungslos und Resistenzen nehmen zu. Auch Lagerung und Bestellwesen sind oft mangelhaft. Um den Fachkräftemangel entgegenzuwirken, hat die tansanische Regierung 2015 das Ausbildungssystem erweitert. Zu der dreijährige Ausbildung zum pharmazeutisch-technische Assistenten und der zweijährigen Ausbildung zum Apothekenhelfer ist ein einjähriger Kurs zum Dispenser „Arzneimittelausteiler“ hinzugekommen.

Die Ausbildung ist dazu gedacht, pharmazeutisches Personal auszubilden, das schnell auf dem Arbeitsmarkt verfügbar ist und die Routineversorgung übernehmen kann. Dazu zählen beispielsweise die Medikamentenabgabe und Lagerhaltung sowie das Herstellen von flüssigen Arzneimittelzubereitungen. Derzeit werden diese Aufgaben besonders in ländlichen Gebieten meist von Krankenschwestern ausgeführt.

Zu den Inhalten der zweisemestrigen Ausbildung zum Dispenser gehören Module zu Darreichungsformen, Krankheitsprävention, Physiologie, Grundlagen der Pharmakologie und anorganischen Chemie. Auch ein Rezepturpraktikum zu flüssigen Präparaten ist im Stundenplan vorgesehen.

Unterstützt wurde die Entwicklung des Kurses durch die Hilfsorganisation Action Medeor, die Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sowie einigen Pharmakonzernen, welche die Ausbildung an den vier größten PTA-Schulen Tansanias bezuschussten. Die Organisation „Apotheker helfen“ steuerte weitere 12.500 Euro zu einem Neubau bei. Die Finanzierung des Kurses ist trotzdem eine Herausforderung, da Schulgebühren nicht ausreichen, um die Lehre zu finanzieren. Außerdem sind viele Anwärter auf Sponsorenprogramme angewiesen, da sie sich oft weder die Schulgebühren, noch die Unterbringung am Ausbildungsort leisten können.

Trotzdem konnte der Kurs seit 2016 schon 5 mal an der St Johns Universität in der Hauptstadt Dodoma durchgeführt werden. Insgesamt haben 401 Teilnehmer den Kurs bereits abgeschlossen und 96 werden dies im Mai 2019.

Doch was hat das Berufskolleg PTA Freiburg mit Tansania zu tun?

Schon seit langer Zeit interessiere ich mich für den Einsatz pharmazeutischer und medizinsicher Hilfe in Gebieten, deren Gesundheitsversorgung unzureichend ist. Diesem Interesse konnte ich auf einer Fortbildung vom 30.07. -08.08.2018 an der Universität Tübingen nachgehen.

Der Kurs „Pharmazie in Entwicklungszusammenarbeit und Katastrophenhilfe“ wird unter der Leitung des Tübinger Professor für pharmazeutische Biologie, Dr. Lutz Heide durchgeführt. Er und seine Mitarbeiterin, Apothekerin Christine Häfele-Abah, waren selbst Jahre lang in Afrika in der Entwicklungshilfe tätig. Neben den Kursleitern lehren 20 weitere praxiserfahrene Referenten u.a. von AoG (Apotheker ohne Grenzen), ÄoG (Ärzte ohne Grenzen), IRK (Internationales Rotes Kreuz) über z.B. Einsätze in Malawi, Krankenhauspharmazie in Entwicklungsländern, Patientenversorgung in der Katastrophenhilfe.

Abgesehen von den Präsenzveranstaltungen in Tübingen gehört zum erfolgreichen Abschluss der Fortbildung eine Projektarbeit. Die Teilnehmer recherchieren zu einem selbstgewählten Kursthema und geben die Ergebnisse in einer Präsentation und einer schriftliche Zusammenfassung weiter. Approbierte können sich 50 Fortbildungspunkte von der Apothekerkammer Baden-Württemberg anrechnen lassen. Die anderen Kammern erkennen die Punkte an.

Und nun die Verbindung zu Tansania. Mein Projektthema war: „Evaluation of the Dispenser Certificate Course at St. John’s University of Tanzania, Dodoma“ Zur praktischen Durchführung bin ich vom 31.08. – 14.09.2018 nach Tansania gereist Schon im Vorfeld habe ich in Zusammenarbeit mit der St. John’s University of Tanzania und dem SchweizerTropeninsitut Basel (Swiss Tropical and Public Health Institute) Fragebögen für die Interviews erstellt Vor Ort haben ein Pharmaziestudent und ich die Evaluation mit Hilfe einer örtlichen Organisation HPSS (Health Promotion and System Strengthening) durchgeführt, d.h. sie haben uns ein Büro, Fahrer und Wagen und ihre organisatorische Unterstützung zur Verfügung gestellt. Interviewt wurden die Dozenten, Amtsapotheker der Arbeitgeber und Studenten. Außerdem haben wir uns ein Bild von den Ausbildungsbedingungen an der Universität und Arbeitsbedingungen der Dispenser in den Health Centers der ländlichen Region verschafft. Nach 2 Wochen bin ich mit vielen Daten und Eindrücken nach Freiburg zurückgekehrt und habe dann hier die Auswertung der Evaluation in Zusammenarbeit mit dem Pharmaziestudenten fertiggestellt und dokumentiert.

Hier nur einige kurze Ergebnisse

Der Dispenser Kurs ist eine Bereicherung für die pharmazeutische Betreuung der tansanianischen Bevölkerung, soll laut den Ausbildern optimiert und weitergeführt werden. Die Ausbildungs-und Arbeitsbedingungen der Pharmazeuten sind erwartungsgemäß sehr rudimentär. Das Arbeiten mit den tansanianischen Kollegen erfordert eine hohe Flexibilität, Spontanität und Kreativität, ist aber bestimmt von einer enormen Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft.

Marjolein Jacob

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